Heute musste mein Gastgeber den Großteil des Tages arbeiten, also habe ich (nachdem er sich morgens um sechs ganz leise nach draußen geschlichen hat) fast bis mittags geschlafen (ich lebe immer noch in der kolumbianischen Zeitzone) und bin dann durch die Stadt geirrt (wenn man monatelang in Gegenden unterwegs ist, wo alle Straßen im rechten Winkel zueinander angeordnet sind, ist so eine Schweizer Bergstadt ziemlich unübersichtlich), um das Naturmuseum zu finden. Dort ist nämlich zur Zeit eine Ausstellung über die Tropen und den Regenwald und da dachte ich mir: da muss ich doch hin. Die Ausstellung selbst war ganz in Ordnung, das Lustige war aber, dass sie direkt neben der Dauerausstellung ist, das heißt, neben den Wänden über Käfer und Ökosysteme und Alexander von Humboldt sieht man Wände voller Steinbocksköpfe und -hörner.
Danach bin ich weiter durch die Stadt geirrt, um zum Supermarkt zu finden und einzukaufen; den Rest des Nachmittags habe ich dann damit verbracht, zu kochen (als Dankeschön für die Unterbringung hier) und, ähm, Socken zu waschen. Meine Sockenbilanz ist dann schlussendlich doch so weit ins Negative gerutscht, dass ich heute mein allerallerletztes sauberes Paar aus dem Koffer hervorkramen und mit einigen Hindernissen wie einem Spezialschlüssel, um die Maschinen einzuschalten und mehreren Sicherungen (abgedrehter Wasserhahn, abgedrehter Strom) kämpfen musste, bevor die Maschine meine Wäsche waschen wollte.
Nach dem Abendbrot sind wir noch zur Hochschule von Chur gewandert, wo erstaunlicherweise alles noch offen war: die Gebäude, die Bibliothek (niemand da), die Büros (niemand da) und die Aula (niemand da), und waren im Künstlerkaffee einen Kaffee und eine Ovomaltine trinken und zwei Partien Schach spielen (mein Gastgeber merkte gerade an, dass es völlig überflüssig sei, die Ergebnisse hier zu verkünden).