Heute ist der letzte Tag der anregenden Schweizreise, deshalb darf ich als Gastgeber auch mal etwas schreiben. In der Frühe hat meine Gästin weitergeschlafen, während ich aus dem Hotel den Limmat entlang spazierte zum Unterrichtsort. Meine Studierenden haben okay mitgearbeitet, aber eigentlich wollte ich, dass es schnell vorbeigeht mit dem Seminar, weil: heute war ja der letzte Tag der duften Schweizreise.
Meiner Gästin hat die Schweiz nicht
ganz so gefallen wie ich gehofft habe, deshalb musste Züri noch mal
zeigen, was es kann. Strahlender Sonnenschein, wenig Touristinnen und
Touristen. Zuerst sind wir durch die Altstadt und haben das
Frauenmünster (praktisch das Gegenstück zum Großmünster, das wir
gestern touristierten) besucht. Ein komischer Ort: Übergeben von der
letzten Äbtistin an den zwinglianischen Stadtrat, aber dann doch
ganz schön katholisch gelassen. Anschliessend aßen wir zu Mittag,
wie es sich gehört Kasefoundue (wobei es der Gästin mehr mundete,
mir persönlich sagte das Foundue in Melbourne mehr zu) mit
klassischem Drumherum, inklusive Zürchern, die sich höflich dafür
ankacken, dass der Kaffee zu spät kommt.
Zuletzt saßen wir wieder an der Limmat
und aßen Eis. (Hier sei angekündigt, dass es eine
Eis-Bewertungsliste geben soll, welche zur Not bei meiner Gästin
eingefordert werden muss.)
Im Anschluss machten wir uns über den
wahrlich hässlichen Zürcher Bahnhof auf zum Flughafen, wo wir beide
sehr schnell eincheckten, meine Gästin immerhin einen 25 Kilokoffer,
was sie beigeisterte. Nun sitzen wir da und warten angestrengt
darauf, dass unsere Flieger (beide nach Berlin, aber zu anderen Zeiten und von anderen Fluggesellschaften) abfliegen. Wie gesagt: So
begeistert wie erhofft war meine Gästin nicht, also muss ich sie
vielleicht erst einmal wieder in Berlin besuchen, bevor sie wieder in
die schweizerischste Schweiz der Welt kommt.
Alles in allem aber war Züri ein guter
Ort, um sich auf das Großstadtleben in Berlin vorzubereiten (dem
stimmte auch mein Luzerner Kollege zu, aber Luzern und Züri...
naja).
Hier der Eistestbericht: wir haben insgesamt sechsmal Eis gegessen; einmal heute in Zürich, einmal gestern in Zürich, einmal in Arosa im Café und zweimal bei verschiedenen Eisläden in Chur und während ich meistens nicht verstehen konnte, warum das Schweizer Eis angeblich soviel besser sein soll als das des Rests der Welt, muss ich nach dem Eis in Chur einfach kurz zugeben: es war unfassbar gut. So gut, dass man nicht aufhören wollte. So gut, dass man beim zweiten Churer Eis traurig war, weil man sich für zwei Sorten entscheiden musste. So gut, dass es sich lohnt, nur für dieses Eis zurück in die Schweiz zu kommen, so gut war es! Ich muss es zugeben.
Auspacken konnte also warten; es gab Sushi und russischen Zupfkuchen und kolumbianischen Apfelwein und es war fast, als wäre ich nie weg gewesen.
Hier noch etwas, das erwähnt werden muss: meine Schuhe. Ihr erinnert euch vielleicht, gekauft, als es in Melbourne langsam kälter wurde, und seitdem fast jeden Tag getragen (mit Ausnahme der patrouillefreien Tage in Costa Rica und der Boote in Cairns), haben sie sechs Monate lang gehalten, haben dem Winterregen und der Wüste getrotzt, dem Schlamm, dem Regenwald, der Höhe, der Tiefe, dem Strand und dem Meer. So sehen sie zwar auch aus, weiß sind sie schon lange nicht mehr und demnächst werden sie ein würdiges Begräbnis bekommen, aber heute haben sie es verdient, einmal ganz alleine gezeigt zu werden.