Dann ging es endlich zum Frühstück
und offenbar sind meine Beine mittlerweile so viel mehr zerstochen
als zuvor (und als die aller anderen), dass mich niemand mit „Guten
Morgen“ begrüßt hat, sondern mit „Was ist denn mit deinen
Beinen passiert?“ Danach wurde ich von allen Seiten mit
Anti-Juckreiz-Salbe und dem costaricanischen Antimückenzeug
überhäuft (im Gegensatz zu dem deutschen, das dem tropischen
Viechzeug kein bisschen gewachsen ist, hilft das wirklich), sodass es
sich hoffentlich bald bessert. Ich habe ein Foto davon, aber mir
wurde geraten, es nicht hochzuladen, weil es so gruselig aussieht.
An diesem Punkt dachte ich, ich hätte
den Tiefpunkt des Tages hinter mir, aber dann ging ich zum
Arbeitseinsatz für 10 Uhr (in der Hoffnung, zurückgehen zu dürfen,
weil einfach alles erledigt ist: Haus geputzt, Strand gesäubert,
Garten in Ordnung), aber nein, heute haben wir eine neue Aufgabe
bekommen: Steine sammeln. Wir haben zwei große Plastiksäcke
bekommen und den Auftrag, in der Gegend kinderfaustgroße Steine zu
sammeln, um damit Kräuterbeete im Garten abzugrenzen und es fühlte
sich ein bisschen an wie ein Straflager.
Aber wie das hier immer so ist, während
wir gerade darüber nachdachten, zu meutern und in ein Gästehaus um
die Ecke einzuziehen und einfach den Strand und das Wetter zu
genießen, kam die Meldung aus dem Brutzentrum: der erste Kopf ist zu
sehen! In dem Nest, in dem letzte Nacht die Erde immer mehr
eingesackt ist, aber in dem während unserer Schicht nichts passiert
ist, zeigte sich heute ein erstes kleines
Schildkrötenpatschflösschen, nur ganz langsam, weil es Tag ist und
warm und die Sonne scheint und die Kleinen das nicht mögen, aber sie
kommen tatsächlich heraus und das heißt, wir werden tatsächlich
bald Schildkrötenbabys sehen (was hier ungefähr so schön ist wie
Weihnachten).
Tatsächlich gezeigt haben sich dann
aber nicht die Schildkrötebabies aus diesem Nest, stattdessen sind
aus einem Nest, das eigentlich vor zwei Tagen geschlüpft ist, noch
zwei kleine Nachzügler gekrochen. Die haben wir dann im
Sonnenuntergang alle zusammen zum Strand gebracht und dann krochen
sie langsam und so mühsam, dass man sie am liebsten nehmen und
einfach bis direkt zum Meer tragen wollte, vor sich hin, während
über ihnen schon die Geier kreisten.
Aber sie haben es geschafft: während
um uns herum ein tropischer Regenguss niederging, wurden sie einzeln
von einer Welle ergriffen und in den Ozean gespült (und man kann
sich gar nicht vorstellen, dass so ein armes kleines Lebewesen nachts
in diesem riesigen Ozean zurechtfindet).
Und dann regnete es. Und regnete.
Dann fiel der Strom aus.
Und blieb aus.
Also haben wir mit Kopfleuchten und
Taschenlampen Abendbrot gegessen und saßen dann erstmal im Haus im
Dunkeln fest, während um uns herum die Welt unterging.
Das Gute daran war, dass meine
Nachtpatrouille abgesagt wurde, sodas ich zum ersten Mal die Nacht
komplett durchschlafen konnte. Um das zu erfahren, musste ich zwar
nochmal im strömenden Regen zurückrennen (und die Töpfe
abwaschen), aber dafür konnte ich dann theoretisch durchschlafen
(eine Zimmergenossin kam um zwölf wieder und mein Besuch musste um
vier los zur Schicht, sodass man trotzdem immer mal wach wird, aber
im Vergleich zu Nachtpatrouille oder Wachschicht ist das praktisch
durchschlafen).