So fuhren wir dann gegen neun Uhr im
Hafen vor und wurden vor unserem Katamaran abgesetzt. Und sofort fiel
uns der erste Aspekt auf, den unser Guide uns nicht erzählt hatte:
das Boot war riesig und bot genug Platz für etwa sechzig Leute, die
dann auch etwa insgesamt auf unser Boot kamen, die meisten, um das
soviel-du-trinken-kannst-Angebot des Schiffes zu nutzen (es gab
übrigens auch Softdrinks, aber wenn man nach alkoholfreien Cocktails
fragte, bekam man einfach ein Glas voll orangen oder roten
Kanisterinhalt). Dazu kam dann noch ohrenbetäubend laute
Ballermann-Musik, um uns endgültig klar zu machen: das war kein
Ausflugsboot, sondern eine schwimmende Partyinsel (später kamen wir
an dem Strand vorbei, an dem „Castaway“ gedreht worden war; eine
Art moderner Robinson Crusoe Film, und wir dachten darüber nach, uns
auch ein Floß zu bauen. Genug leere Flaschen und Dosen hätten wir
gehabt).
Dazu kam, dass der versprochene
Schnorchelgang mit Rettungswesten (das heißt, man konnte nicht unter
die Wasseroberfläche, sondern trieb immer an der Oberfläche) in
Wasser stattfand, dass so trüb-grün war, dass nur der eine Mann,
der Fischfutter dabei hatte und die Fische angelockt hat, etwas
anderes gesehen hat als trübe grüne Brühe.
Insgesamt also eigentlich kein
empfehlenswerter Ausflug (es war schon ganz lustig, aber schon auch
etwas anstrengend), aber nach einer Weile, wie wir so zwischen den
wunderhübschen grünen Inseln vorbeifuhren, tauchte plötzlich ein
riesiger Buckelwal aus dem Wasser auf. Und es war ein sehr witziger
Wal: er hatte nämlich Spaß daran, immer auf unterschiedlichen
Seiten des Bootes aufzutauchen und somit die TouristInnen von einer
Seite des Boots auf die andere zu jagen.
Wir sind einfach sitzen geblieben und
haben gewartet, bis er zurückkommt:
Dann war es vorbei, wir fuhren zurück
zum Strand und hatten noch ein paar Stunden Zeit, bis wir weiter
mussten, also haben wir die weitertrinkenden Partyschnepfen an der
Strandbar abgegeben und sind mit den zwei sympathischen Mädels aus
der Gruppe zum Nationalpark gestiefelt, denn: in diesem Park gibt es
die einheimischen Affenarten.
Der Park selbst war sehr schön und
voll mit tropischem Wald, aber die Affen ließen auf sich warten.
Erst fanden wir ein Faultier, das sogar zu faul war, um sich an den
Baum zu hängen, und stattdessen in einer Astgabel herumlungerte,
dann zwei Waschbären und eine Horde
Einsiedlerkrebse, die vor uns über den Weg rutschte, paradiesisch
schöne Strände (die Castaway-Strände),
eine Art Iguanas (die
Galapagos-Eidechsen mit den Irokesen-Stacheln auf dem Rücken), aber
nirgendwo eine Spur von einem Affen.
Bis wir dann an einem kleinen
Rastplatz auf die beiden Mädels warteten und einfach einen Ranger
ansprachen und fragten, ob er irgendwo Affen gesehen hätte. Er
guckte uns mit einem vermutlich speziell für dusselige TouristInnen
reservierten Blick an und meinte „Ja, da vorne, nur zweihundert
Meter zurück links oben im Baum“. Also gingen wir zweihundert
Meter zurück, starrten nach oben in den Baum und dort saßen sie:
zwei putzige kleine Weißgesichtaffen (so heißen sie hier, ich weiß
nicht, was das deutsche Wort ist) und verspeisten ihren
Nachmittagssnack.
Danach waren wir dann zufrieden und
sind in tropisch schwül-warmer Luft zum Bus zurückgestapft und alle
ziemlich erledigt von Sonne, Wanderung, Luftfeuchtigkeit, schnorcheln
(und in einigen Fällen Alkohol) zurück in den Bus gekrabbelt und
haben uns zurück zum Lager bringen lassen.
Hier sieht es übrigens ziemlich eng
aus: wenn wir morgen abreisen, sind nur noch zwei Freiwillige und das
ständige Personal hier, das heißt, um dann den ganzen Tag
abzudecken, teilen sie den Tag mittlerweile nicht mehr in
Vierstundenschichten ein (wie bei uns), sondern in
Sechsstundenschichten.
Das ist uns zwar erspart geblieben,
allerdings hatte mein Besuch Mitleid mit den übrigen Freiwilligen
und MitarbeiterInnen, deshalb ist er heute Nacht halb zehn nochmal
mit einer der Mitarbeiterinnen auf Patrouille gegangen, die sonst
alleine hätte gehen müssen.
Und natürlich haben sie nach knapp
zwei Kilometern wieder eine Spur gefunden (diesmal ohne Schildkröte).
Das Problem dabei, Spuren ohne Schildkröte zu finden, ist, dass die
Schildkröte (um ihr Nest gut zu verstecken) den Boden in riesigem
Umkreis aufwühlt und mit frischer Erde bedeckt, sodass es extrem
schwierig ist, herauszufinden, wo genau das Nest ist (man kann mit
einem Stock stochern, um den lockereren Nestboden von dem festeren
Strandboden zu unterscheiden, aber dabei muss man höllisch
aufpassen, kein Ei zu zerstören).
Also suchten sie. Und suchten. Und
suchten.
Eine halbe Stunde lang.
Dann beschloss Natalie, dass es jetzt
genug wäre, und wollte nur noch irgendwo ein Loch graben, damit
potentielle Nestdiebe sehen würden, dass das Nest schon ausgegraben
worden war, und es in Ruhe lassen würden.
Also fing sie an zu graben, einfach
irgendwo, und hielt plötzlich ein Ei in der Hand.
Haben sie also noch 91 Eier ausgegraben
und ein neues Nest gebaut und mein Besuch hat jetzt in knapp einer
Woche drei Nester mit insgesamt etwa 280 Eiern zum Brutzentrum
gebracht (wo sie in dieser Nacht den armen Freiwilligen, der die
Sechsstundenschicht von sechs bis zwölf Uhr nachts hatte, aus
tiefstem Schlaf aufgestört haben. Wenigstens wurden diesmal keine
Nester geklaut).