Montag, 3. September 2012

Wo die Schildkröten wohnen Tag 7

Heute hatten wir unseren freien Tag (wie lustig das klingt, wenn man eigentlich sowieso gerade im Urlaub ist) und unser Tourguide hatte uns zu einer Katamaranfahrt geraten, die vier Stunden lang an der Küste entlang geht, an Schnorchelplätzen hält, Wale und Delphine sucht und an Bord ein Barbeque zum Mittag und ohne Ende alkoholische Getränke hat. Das klang eigentlich ganz gut, also haben wir uns als Gruppe geschlossen dafür entschieden.
So fuhren wir dann gegen neun Uhr im Hafen vor und wurden vor unserem Katamaran abgesetzt. Und sofort fiel uns der erste Aspekt auf, den unser Guide uns nicht erzählt hatte: das Boot war riesig und bot genug Platz für etwa sechzig Leute, die dann auch etwa insgesamt auf unser Boot kamen, die meisten, um das soviel-du-trinken-kannst-Angebot des Schiffes zu nutzen (es gab übrigens auch Softdrinks, aber wenn man nach alkoholfreien Cocktails fragte, bekam man einfach ein Glas voll orangen oder roten Kanisterinhalt). Dazu kam dann noch ohrenbetäubend laute Ballermann-Musik, um uns endgültig klar zu machen: das war kein Ausflugsboot, sondern eine schwimmende Partyinsel (später kamen wir an dem Strand vorbei, an dem „Castaway“ gedreht worden war; eine Art moderner Robinson Crusoe Film, und wir dachten darüber nach, uns auch ein Floß zu bauen. Genug leere Flaschen und Dosen hätten wir gehabt).















Dazu kam, dass der versprochene Schnorchelgang mit Rettungswesten (das heißt, man konnte nicht unter die Wasseroberfläche, sondern trieb immer an der Oberfläche) in Wasser stattfand, dass so trüb-grün war, dass nur der eine Mann, der Fischfutter dabei hatte und die Fische angelockt hat, etwas anderes gesehen hat als trübe grüne Brühe.
 Insgesamt also eigentlich kein empfehlenswerter Ausflug (es war schon ganz lustig, aber schon auch etwas anstrengend), aber nach einer Weile, wie wir so zwischen den wunderhübschen grünen Inseln vorbeifuhren, tauchte plötzlich ein riesiger Buckelwal aus dem Wasser auf. Und es war ein sehr witziger Wal: er hatte nämlich Spaß daran, immer auf unterschiedlichen Seiten des Bootes aufzutauchen und somit die TouristInnen von einer Seite des Boots auf die andere zu jagen.
Wir sind einfach sitzen geblieben und haben gewartet, bis er zurückkommt:

Dann war es vorbei, wir fuhren zurück zum Strand und hatten noch ein paar Stunden Zeit, bis wir weiter mussten, also haben wir die weitertrinkenden Partyschnepfen an der Strandbar abgegeben und sind mit den zwei sympathischen Mädels aus der Gruppe zum Nationalpark gestiefelt, denn: in diesem Park gibt es die einheimischen Affenarten.
Der Park selbst war sehr schön und voll mit tropischem Wald, aber die Affen ließen auf sich warten. Erst fanden wir ein Faultier, das sogar zu faul war, um sich an den Baum zu hängen, und stattdessen in einer Astgabel herumlungerte,
 













dann zwei Waschbären und eine Horde Einsiedlerkrebse, die vor uns über den Weg rutschte, paradiesisch schöne Strände (die Castaway-Strände),
 eine Art Iguanas (die Galapagos-Eidechsen mit den Irokesen-Stacheln auf dem Rücken), aber nirgendwo eine Spur von einem Affen. 
 













Bis wir dann an einem kleinen Rastplatz auf die beiden Mädels warteten und einfach einen Ranger ansprachen und fragten, ob er irgendwo Affen gesehen hätte. Er guckte uns mit einem vermutlich speziell für dusselige TouristInnen reservierten Blick an und meinte „Ja, da vorne, nur zweihundert Meter zurück links oben im Baum“. Also gingen wir zweihundert Meter zurück, starrten nach oben in den Baum und dort saßen sie: zwei putzige kleine Weißgesichtaffen (so heißen sie hier, ich weiß nicht, was das deutsche Wort ist) und verspeisten ihren Nachmittagssnack.
Danach waren wir dann zufrieden und sind in tropisch schwül-warmer Luft zum Bus zurückgestapft und alle ziemlich erledigt von Sonne, Wanderung, Luftfeuchtigkeit, schnorcheln (und in einigen Fällen Alkohol) zurück in den Bus gekrabbelt und haben uns zurück zum Lager bringen lassen.

Hier sieht es übrigens ziemlich eng aus: wenn wir morgen abreisen, sind nur noch zwei Freiwillige und das ständige Personal hier, das heißt, um dann den ganzen Tag abzudecken, teilen sie den Tag mittlerweile nicht mehr in Vierstundenschichten ein (wie bei uns), sondern in Sechsstundenschichten.
Das ist uns zwar erspart geblieben, allerdings hatte mein Besuch Mitleid mit den übrigen Freiwilligen und MitarbeiterInnen, deshalb ist er heute Nacht halb zehn nochmal mit einer der Mitarbeiterinnen auf Patrouille gegangen, die sonst alleine hätte gehen müssen.
Und natürlich haben sie nach knapp zwei Kilometern wieder eine Spur gefunden (diesmal ohne Schildkröte). Das Problem dabei, Spuren ohne Schildkröte zu finden, ist, dass die Schildkröte (um ihr Nest gut zu verstecken) den Boden in riesigem Umkreis aufwühlt und mit frischer Erde bedeckt, sodass es extrem schwierig ist, herauszufinden, wo genau das Nest ist (man kann mit einem Stock stochern, um den lockereren Nestboden von dem festeren Strandboden zu unterscheiden, aber dabei muss man höllisch aufpassen, kein Ei zu zerstören).
Also suchten sie. Und suchten. Und suchten.
Eine halbe Stunde lang.
Dann beschloss Natalie, dass es jetzt genug wäre, und wollte nur noch irgendwo ein Loch graben, damit potentielle Nestdiebe sehen würden, dass das Nest schon ausgegraben worden war, und es in Ruhe lassen würden.
Also fing sie an zu graben, einfach irgendwo, und hielt plötzlich ein Ei in der Hand.
Haben sie also noch 91 Eier ausgegraben und ein neues Nest gebaut und mein Besuch hat jetzt in knapp einer Woche drei Nester mit insgesamt etwa 280 Eiern zum Brutzentrum gebracht (wo sie in dieser Nacht den armen Freiwilligen, der die Sechsstundenschicht von sechs bis zwölf Uhr nachts hatte, aus tiefstem Schlaf aufgestört haben. Wenigstens wurden diesmal keine Nester geklaut).