Donnerstag, 30. August 2012

Wo die Schildkröten wohnen Tag 3


Der heutige Tag war ziemlich entnervend. Vormittags mussten wir nach dem Frühstück den Strand säubern und das ist kein bisschen besser als es klingt: man bekommt einen großen Müllsack, geht zwei Kilometer Strand entlang und sammelt jedes Fitzelchen Plastik ein, das man findet (wir haben zu verzeichnen: drei Zahnbürsten, drei einzelne Schuhe und drei Löffel. Wir vermuten, irgendwo in der Gegend haben drei einbeinige Piraten einen Eierwettlauf veranstaltet), sackt dabei die ganze Zeit in nassen Sand ein und ist während der sonnenintensivsten Zeit des Tages mitten im prallen Sonnenschein.
Allerdings hatten wir damit unser Pensum an Tagesarbeit abgearbeitet.
Hofften wir.
Dann kamen wir zum Mittagessen (Reis und Bohnen; hier mal drei Fotos von unseren Mahlzeiten über den Tag) und sahen, dass wir alle ab drei Uhr zur Gartenarbeit eingeteilt waren. Es lag vielleicht am Wetter, aber wir fragten uns schon kurz, was das mit Schildkröten zu tun hatte.
Da wir also nicht den ganzen Nachmittag, sondern nur zwei Stunden Zeit hatten, haben wir schnell alles erledigt, was wir erledigen wollten (ich habe zwei Kilo nassen Sand aus dem Zimmer gewischt – hurra! Für etwa drei Stunden war unser Fußboden nicht sandig!) und sind dann zum Garten gegangen.
Dort wurde uns erklärt, dass die Gartenarbeit auf halb vier verschoben worden war, weil ... einfach so.
Schon etwas grantig sind wir dann wieder zurück zum Zimmer und dann kam die Katastrophe: der Schlüssel war weg. Also haben wir die nächsten zwei Stunden jede Ecke des Zimmers und jede einzelne Tasche mindestens zweimal durchsucht (halb vier wurde uns gesagt, dass die Gartenarbeit doch ausfällt) und ihn nicht gefunden.
Hängenden Kopfes sind wir dann also zur Rezeption gegangen, in der Hoffnung, dass jemand den Schlüssel abgegeben hatte.
„Wir haben da ein Problem“, fingen wir an.
„Schlüssel verloren?“
„Äh ... ja.“
Kopfschüttelnd ging er in den Hinterraum und brachte uns einen neuen Schlüssel und damit hatte sich das Problem erledigt. Mit diesem Umgang mit unserer Schusseligkeit hat sich das Hotel tatsächlich einen dicken Pluspunkt verdient.


Abends hatte ich meine erste Schicht im Wachturm und das ist relativ unspektakulär: vier Stunden lang sitzt man dort in einem Ausguck und geht alls zwanzig Minuten nach unten, um in etwa 45 Nestern (rechts ist die eine Hälfte des Brutzentrums) nachzusehen, ob entweder die Nestoberfläche einsackt (was heißt, dass sich die Babys langsam nach oben wühlen) oder schon Babyschildkröten zu sehen sind (die werden dann eingesammelt, gewogen und zum Wasser gebracht).
Interessanter ist eigentlich, dass man die Nester die ganze Zeit davor beschützen muss, von den Einheimischen ausgegraben und gegessen zu werden. Und das ist eine ziemlich große Gefahr: vor ein paar Tagen sind die zwei Wachen im Ausguck eingeschlafen und zwei Nester wurden ausgegraben. Gut schmecken die Eier (wurde uns gesagt) nämlich nur, wenn sie höchstens drei Tage alt sind und die beiden Nester waren die einzigen unter drei Tagen. Und anhand solcher Vorfälle hier wissen die Leute hier, dass die Wachen im Turm und das Brutzentrum die ganze Zeit unter Beobachtung sind; irgendwer registriert, wo die neuen Nester gebaut werden und ob die Wachen noch wach sind.
Wenn man also oben im Turm sitzt, ist man quasi die ganze Zeit unter Beobachtung von irgendwem, der hofft, dass man einschläft. Das ist insgesamt ein sehr merkwürdiges Gefühl, aber über vier Stunden gewöhnt man sich daran.

Gegen elf wurde unsnochmal ein Beutel Eier gebracht und wir haben ein neues Nest angelegt (hurra!), sodass wir nochmal etwas wach wurden, aber ich war auch echt froh (nur hungrig!), als ich um zwölf endlich ins Bett konnte.