Heute haben wir die Mittelstadt Adelaide Richtung Nordosten
verlassen und kamen damit dem Outback wieder ein Stück näher: nach etwa
einer Stunde waren wir tatsächlich nur noch umgeben von roter Wüste mit
ein paar Sträuchern, abgeernteten graubrauen Weinstöcken (man fragt
sich unwillkürlich, wer sich in diese Steppen/Wüstengegend verirrt und
sich denkt "Hey, diese Gegend sieht aus wie eine gute Gegend für
Weinbau") und grünen Feldern, dort, wo bewässert wurde; noch mehr Nichts
als vorher. Skurrilerweise trafen wir nach einer Stunde in dieser
Gegend auf das "Riverland", das genauso trocken und graubraun-rot war
wie die Gegend vorher, in deren Mitte sich allerdings der mächtige,
braune Murray-River wälzte - und an dem Fluss, mitten im Nichts, liegt
Waikerie, das Zentrum des australischen Zitursfrüchteanbaus, komplett
mit Innenstadt, Freizeitpark und vollständiger Infrastruktur. Sehr
überraschend.
Unsere eigentliche Station war allerdings Renmark,
eigentlich die Rosenstadt, für uns allerdings die Stadt, die mit nur
knapp viereinhalb tausend EinwohnerInnen trotzdem besseren Kaffee hatte,
als wir irgendwo in Adelaide gefunden haben.
Da wir zu diesem
Zeitpunkt schon 200 Kilometer lang von allen anderen
VerkehrsteilnehmerInnen überholt worden waren (wirklich allen. Auch
Lastwagen. Unser Auto ist toll, aber über 90 macht es beunruhigende
Geräusche), wollten wir dort einen etwas längeren Stop machen. Also
wollten wir uns zuerst Olivewood ansehen, die erste Siedlung des Ortes
und die erste in Südaustralien angelegte Plantage überhaupt. Also sind
wir dorthin gegangen (sehr hübsch übrigens. Wir waren so weit im Norden,
dass es auch im Winter ziemlich warm war und die Gegend voller Palmen,
Oliven- und Orangenbäume war), mussten durch ein
ImmobilienmaklerInnenbüro/Besucherzentrum hindurch zu dem ursprünglichen
Hof, der abgeschlossen war mit dem Hinweis auf das Museum, das wiederum
offen war. Allerdings war dort einfach niemand. Und da man eigentlich
Eintritt hätte bezahlen müssen, fühlten wir uns schlecht, in das Museum
zu gehen, und sind nur eine Runde um Haus und Garten gewandert und dann
zurückgegangen.
Also
wollten wir uns wenigstens den Rosengarten ansehen (den größten des
Bundesstaats) und sind dorthin gefahren - nur um nach einigen
verwirrenden Hinweisschildern auf ein kleines Feld voller
zurückgeschnittener Rosenstöcke zu treffen. Was für eine Enttäuschung.
Durch
einen wunderschönen Sonnenuntergang sind wir dann zu unserem Tagesziel
gefahren: Mildura, einer 30.000-EinwohnerInnen-Stadt (zurück im schönen
Victoria), die nicht nur eine gute und günstige Auswahl an
Übernachtungsmöglichkeiten zu bieten hat, sondern auch eine hübsche
Innenstadt, in der auch um acht Uhr Montagabend noch die Hälfte der
Restaurants und zwei Eisdielen geöffnet haben - nach der Enttäuschung
von Adelaide am Sonntagnachmittag mehr, als wir erwartet hatten.
Sockenpaarbilanz: -1 (endlich das erste löchrige Paar weggeworfen, noch keinen Nachschub besorgt)
Heute hatten wir das volle
Kulturprogramm: wir waren am Gouverneurshaus, in der Staatsbibliothek
von Südaustralien und in der dortigen Ausstellung über die
Geschichte der Kolonie, die die üblichen Bereiche beinhaltet
(Vermessung, Gleichberechtigung und Ähnliches), aber auch ein paar
lustige Teile; zum Beispiel hat die Bibliothek die größte Sammlung
von Literatur, die sich mit Wein beschäftigt, darunter eine Schrift
aus dem Mittelalter aus Deutschland, die erklärt, dass es gleich
vier Gründe gibt, warum Wein großartig ist.
Dann waren wir im Museum von
Südaustralien in der Ausstellung über Südpazifikkulturen und
UreinwohnerInnen und - weil wir quasi in der Gegend waren - noch
beim örtlichen Aboriginal Heritage Trust, der sich zwar nicht, wie
erwartet, als Museum herausstellte, sondern als Kunstausstellung
von Menschen mit indigenen Wurzeln, dafür kamen wir gerade
rechtzeitig, um einen Vortrag eines Torres Strait Islanders zu hören.
Die Torres Strait Inseln liegen im Norden von Cairns, zwischen
Australien und Papua-Neuguinea und die Kultur dort hat sich völlig
unabhängig von der des Festlands entwickelt. Das nimmt solche Formen
an wie: es gibt dort eine Handvoll winziger Inseln – aber insgesamt
drei unterschiedliche Sprachen und eine eigene Flagge.
Zum Abschluss noch die Kunstgalerie von
Südaustralien, die Räume voll Gemälde aus der Siedlungszeit
ausstellt und mich etwas geärgert hat, weil sie ein ziemlich
idyllisches Bild von der Besiedlung malt, zusammen mit einem Zitat
aus der Zeit, das behauptet, die Besiedlung in Südaustralien wäre
die friedlichste in der Geschichte gewesen, weil kaum jemand unter
den SiedlerInnen ernsthaft gelitten hat – was ja alles ganz nett
klingt, solange man ignoriert, was währenddessen den
UreinwohnerInnen angetan wurde. Aber wir haben uns darauf einigen
können, dass das Museum vermutlich genau auf diese Unsensibilität
aus dieser Zeit aufmerksam machen wollte.
Dann haben wir versucht, etwas zu essen
zu finden – zwar am Sonntag und nachmittags, aber da Adelaide
immerhin die Hauptstadt eines Bundesstaats von der Größe ganzer
europäischer Länder ist, hatten wir damit gerechnet, trotzdem
irgendetwas zu finden, aber nichts. Alles hatte zu (oder war
unpassend. Zum Beispiel haben wir ein Restaurant gefunden, das damit
geworben hat, das schlechteste vegetarische Restaurant der Stadt zu
sein, unterzeichnet von „den Fleischliebhabern“);
stattdessen haben wir drei weitere Pikachus gesehen, von denen das
letzte lustigerweise auch gerade in einen Spielzeugladen gehoppelt
ist. Da es außerdem angefangen hat, zu regnen, wollten wir uns dann
wenigstens für den Abend etwas suchen und auch hier: nur ein
Theaterstück, das heute Abend gezeigt wird, kein Konzert, kein gar
nichts.
Daraufhin haben wir aufgehört,
Adelaide eine Großstadt zu nennen und haben uns stattdessen einen
Kinofilm (einen biographischen Dokumentarfilm über Bob Marley)
herausgesucht, der allerdings erst anderthalb Stunden später anfing,
sodass wir noch zwei Runden im Park um den See gewandert sind und
dazu 8Bit-Musik gehört und uns über Pokemon unterhalten haben –
uns konnte ja niemand hören. Der Film stellte sich als sehr
empfehlenswert heraus (und dabei mochte ich Bob Marley vorher nicht
einmal) und danach war es dann auch spät genug für ein paar
vereinzelte Adelaider Restaurants, ihre Nachmittagspause zu beenden
und uns etwas zu essen zu verkaufen.
Zusammenfassend ist Adelaide schon eine
sehr hübsche Stadt und auch so gemütlich, wie ich es in Erinnerung
hatte, trotzdem bin ich froh, dass meine Uni einen Austauschvertrag
mit der Uni Melbourne hatte :)
Nach einem Frühstück in einer australischen Bäckerei (die Auswahl war schon ein bisschen lustig: Pastete mit Steak, Steak und Käse, Steak und Pilzen, Steak und Zwiebel, Steak und Niere, Steak und Huhn, ... und ganz unten in der Ecke ein kleines verschüchtertes: mit Gemüse) haben wir uns wieder auf den Weg Richtung Adelaide gemacht, anfangs auf wiederum sehr leeren Straßen, es füllte sich allerdings zusehends, bis uns immer mindestens ein Auto entgegen kam, die Straße also geradezu überfüllt war.
Hier noch etwas Lustiges von den Straßen hier: wir sahen unterwegs immer fünfstellige Zahlen an den Häusern entlang der Straße und fragten uns, warum die Leute hier ihre Telefonnummern an die Straße schreiben, und nach mehreren hundert Kilometern fiel uns auf: das sind die Hausnummern. Was für großartige Adressen; man kann hier in der Great Ocean Road 23735 (oder so) wohnen! Mittags haben wir einen kurzen Zwischenstop eingelegt in Hahndorf: einem von deutschen SiedlerInnen gegründeten Dorf, das auch heute noch voll ist von Bratwurstverkäufern, deutschen Bäckereien und Menschen, die ein wenig deutsch verstehen oder sprechen. In der Gegend hier sind sie übrigens bekannt für ihre Robustheit: als die SiedlerInnen hier ankamen, verdienten die Männer ihr Geld, indem sie auf den umliegenden Farmen arbeiteten, also mussten die Frauen alleine ihre eigenen Bauernhöfe bewirtschaften und sich um den Verkauf ihrer Produkte kümmern. Also haben sie ihre älteren Töchter losgeschickt, um auf dem Markt in Adelaide ihre Waren zu verkaufen - der war allerdings 35 Kilometer entfernt, sodass die Mädels nachts um zwölf aufgestanden und nach Adelaide gewandert sind, um vier Uhr morgens verkauft haben und dann zurückgewandert sind: mit Geld, den neu eingekauften Gütern und einem Stock, um Diebe zu vertreiben.
Also waren wir noch schnell einen "besten Kaffee im Ort" trinken und sind dann nach Adelaide gefahren, wo wir nach einer Runde um den Block und durchs Parkhaus das richtige Hotel und das richtige Parkhaus gefunden haben und uns dann auf den Weg durch Adelaide gemacht haben. Dabei stellten wir fest, dass unser Hotel genau neben dem Konvention Centre liegt, in dem derzeit die Avcon stattfindet. Wir haben keine Ahnung, was genau die Avcon ist, sie bringt allerdings mit sich, dass die gesamte Gegend voll ist mit Menschen in Kostümen, die Comicfiguren darstellen - wir haben alleine sechs Pikachu-Pokemons gesehen (von denen das letzte sehr traurig aus dem McDonalds-Schaufenster starrte).
Unser Plan, den Central Market anzusehen, wurde dadurch vereitelt, dass er schon geschlossen hatte, der Plan, sich ein Stück über Adelaide in einem hiesigen Theater anzusehen, dadurch, dass das Stück schon ausverkauft war, und das Alternativstück hatte - eine Minute, bevor wir das Theater erreichten - angefangen und das Kino, in das wir stattdessen gehen wollten, war nur auf der Karte, nicht in der Stadt auffindbar, also sind wir stattdessen Pancakes (in einer 24 Stunden offenen Bäckerei!) essen und waren dann auch wieder mit der Stadt versöhnt.
Nach einem ziemlich heftigen Sturm
heute Nacht (wurde mir erzählt. Ich habe geschlafen wie ein Stein)
sind wir heute in dem Ort angekommen, den wir eigentlich gestern
erreichen wollten: Mount Gambier, dem ersten Ort hinter der Grenze
zum nächsten Bundesstaat (Südaustralien), weshalb wir heute unsere
Uhren umstellen mussten. Nicht eine Stunde, nicht zwei Stunden, nein:
eine halbe Stunde.
Der Ort ist eigentlich berühmt für
seine durch Vulkane entstandenen Kraterseen, von denen einer
wunderschön blau sein soll. Da es allerdings immer noch die ganze
Zeit geregnet hat und der Himmel entsprechend gräulich war, hatte
auch der See ein eher unspektakuläres moosgrün, also
haben wir uns stattdessen Aktivitäten für drinnen gesucht:
zuerst waren wir in einem Höhlensystem,
das von den ersten SiedlerInnen hauptsächlich als Müllhalde benutzt
wurde, bis nach mehreren Jahrzehnten die Gemeinde beschlossen hat,
nachzusehen, wohin genau eigentlich dieses Loch im Boden führt, in
das immer alle ihre Whiskydestillerieabfälle gießen, hat einen
armen Menschen an einem Seil herabgelassen und Höhlen gefunden, die
geologisch interessant sind, weil sie keine Tropfsteinhöhlen sind,
und noch viel interessanter, weil dort jährlich hunderte
TaucherInnen mit fünfzig Kilo Ausrüstung die Treppen hinunter
watscheln und in diesem Loch zum Höhlentauchen gehen.
Im Ort haben wir uns dann –
themenverwandt – den ziemlich ungewöhnlichen Höhlengarten
angesehen
und waren in der örtlichen
Kunstgalerie, die für einen 23.000-EinwohnerInnen-Ort ziemlich
interessant war (das Thema der derzeitigen Kunstwerke war: Lebensraum
Wald)
Und dann war es auch schon Mittag und
wir haben einen interessanten Versuch zu verzeichnen, uns etwas zu
essen zu besorgen: wie wir so durch die Hauptstraße wanderten, kamen
wir am „OK – Pastetenladen“ vorbei. Nicht „grandios“, nicht
„die besten in ganz Südaustralien“, sondern nur okay. Also
dachten wir uns, das müssen wir doch mal ausprobieren. Drinnen
standen wir vor dem üblichen Problem: es gab alle Arten von Fleisch
und Fleisch-Gemüse und Fleisch-Fleisch-Kombinationen, aber die
einzigen Sorten ohne Fleisch im Namen waren Curry, Kartoffel und
Gemüse. Also wählte mein Besuch Kartoffel, nur um dann
festzustellen, dass unter der sehr guten Kartoffelbrei-Käseschicht
in der Pastete eine Fleischsaucen-Schicht war. Im Endeffekt aß er
also nur die oberste Schicht und wir konnten der Selbsteinschätzung
des Ladens zustimmen.
Immer noch hungrig waren wir danach bei
der Bibliothek, in der man in der Bibliothek Kaffee trinken konnte
und dazu unbegrenzt und schnelles Internet hatte (nebenbei haben wir
dort auch noch unsere Vermieterin von der Nacht zuvor getroffen).
Und dann ging es weiter Richtung
Kingston, unserem heutigen Tagesziel, gut hundert Kilometer. Und da
wir jetzt in Südaustralien angekommen sind, verlief die Fahrt
ungefähr so, wie man sich das in Australien vorstellt: die Straße
zieht sich relativ gerade bis zum Horizont entlang, links und rechts
sind Wiesen und ein paar Bäume mit ein paar Schafen und Kühen drauf
und sonst nichts. So viel Nichts in der Tat, dass wir nach einer
Stunde dieser Fahrt bei einem Auto, das uns entgegen kam, überlegt
haben, ob wir anhalten und uns mit ihm unterhalten sollten, einfach,
weil es so nett war, wieder einem anderen Menschen zu begegnen.
Kingston selbst (die Hummerhauptstadt) entpuppte sich dann als erschütternd unterkunftslos, sodass wir
– da es noch Nachmittag war – einfach beschlossen haben, zum
nächsten Ort weiterzufahren: 130 Kilometer (das stimmt nicht ganz,
nach etwa achtzig Kilometern kommt schon ein anderer Ort, in dem es
allerdings auch keine Übernachtungsmöglichkeiten gibt), sodass wir
dann, kurz bevor die Sonne ganz untergegangen war, in Meningie
angekommen sind, einem 940-EinwohnerInnen-Ort, aber immerhin mit Restaurants und einem Pub.
Da uns unser Hotel morgens kein Frühstück angeboten hat, haben
wir uns selbst im Ort auf die Suche gemacht - und haben dort die besten
Pancakes gefunden, die ich bisher gegessen habe. Mein Besuch hat ein
Stück probiert und sich nach dem Omelett noch eine Ladung Pancakes
bestellt, so gut waren sie.
Vor der Weiterfahrt waren wir noch in
der örtlichen Kunstgallerie (relativ interessant: zwei Schwestern, von
denen die eine Tier- und Pflanzenaquarelle malt und die andere mit den
Korflechttechniken der UreinwohnerInnen Vogelnester, Fischfallen und
ähnliche Objekte nachbildet) und - im ströhmenden Regen - beim
Walbeobachtungspunkt, wo wir vielleicht zwei Wale gesehen haben (wir
wissen es wirklich nicht).
Die
nächste Station war Portland, die älteste heute noch bestehende
Siedlung in Victoria. Deshalb gibt es dort auch einen Stadtplan, mit dem
man die fünfzig ältesten Gebäude des Ortes abwandern kann (Hotels, die
Post, die Polizeibaracken, die Bank und so weiter; auf dem Bild zu sehen
ist das zweitälteste noch stehende Gebäude in ganz Victoria). Also sind
wir im immer noch strömenden Regen zwischen den historischen Gebäuden
herum (und zur Bibliothek und dem Buchladen) gewandert und waren zum
Abschluss noch im historischen Museum, neben dem interessanterweise ein
Raketenschuppen steht. Gemeint ist (falls sich mal jemand gefragt hat,
wie diese ganzen Schiffe in Not eigentlich gerettet werden) die
Vorrichtung, mit der man zuerst ein dünnes Seil zu einem Schiff in Not
schießt, über das sie sich dann das eigentlich wichtige, dickere Seil
zum Schiff ziehen können, mit dem ihnen dann eigentlich geholfen wird.
Von dort aus sind wir einen kleinen Umweg gefahren zu einer
Empfehlung des Besucherzentrums: einer Seelöwenkolonie, die allerdings
nur über einen einstündigen Wanderweg erreichbar ist. Also sind wir
dorthin gefahren, von lustigen Schildern begleitet ("Zur Hälfte
geschafft. Gut gemacht!") den höchsten Punkt an der Küste Victorias
hinauf geklettert
und
haben uns die Felsen angesehen, auf denen eigentlich die Seelöwen
sitzen sollten. Man ahnt es vielleicht schon: nicht ein einziger Seelöwe
war dort. Wir hatten allerdings nicht vor, einfach so umsonst eine
Stunde hin und zurück gewandert zu sein, also starrten wir weiter aufs
Wasser ("Da! Ist das eine Robbe oder ein Felsen?") und hatten
tatsächlich Glück: nach ein paar Minuten kam tatsächlich eine einzelne
Robbe aus dem Wasser gekrochen und setzte sich auf die Felsen.
Da
wir schonmal in der Gegend waren, haben wir auch gleich noch dem
versteinerten Wald (der eigentlich gar kein versteinerter Wald ist) und
den Blowholes einen Besuch abgestattet. Blowholes sind Rinnen im Felsen,
in denen das Wasser sich sammelt und so langsam herausfließt, dass das
neu hereinfließende Wasser darauf trifft und meterhoch in die Höhe
spritzt.
Dann
war es auch schon relativ spät, die Dämmerung setzte ein und die Tiere
kamen heraus: nachdem wir seit einer Woche vergeblich nach Känguruhs
Ausschau halten, kamen heute gleich zwei Rudel nach draußen und grasten
neben der Straße, außerdem rannten noch zwei Emus neben uns her. Mir
wurde das alles etwas unheimlich (Känguruhs sind dafür berüchtigt, dass
sie manchmal einfach so auf die Straße springen), deshalb sind wir (sehr
langsam und vorsichtig) nicht bis zu der Etappe gefahren, die wir uns
eigentlich vorgenommen hatten, sondern in einem hübschen, sehr
britischen Bed&Breakfast abgestiegen, das trotz fehlenden Internets
vermutlich unser nettester Übernachtungsort bisher ist. Da wir seit dem
Pancakefrühstück nichts gegessen hatten, waren wir im einzigen
Restaurant des Ortes (es macht nämlich um acht zu) und haben das einzige
Gericht auf der Karte gegessen, in dem kein Fleisch enthalten iat und
haben uns danach in unserem Bed&Breakfast mit einer Tasse Tee vor
den Kamin gesetzt und Schach gespielt.
Wale gesehen: 2 (vielleicht)
Emus gesehen: 2
Känguruhs gesehen: zwei Rudel, drei einzelne
Seelöwen gesehen: 1
Schafe und Kühe: tausende
Heute kamen wir an einer Abzweigung zu Cape Otway vorbei und fuhren weiter, entschieden uns dann allerdings um und fuhren wieder zurück (wir dachten, Cape Otway wäre der südlichste Punkt, was auch fast stimmt, es wird allerdings knapp geschlagen von einem anderen Cape östlich von Melbourne. Und ganz Tasmanien), bogen in einen sehr abenteuerlichen Feldweg ab (mit diesem Auto kein Problem), parkten dann unterwegs und gingen zu Fuß weiter, nur um dann nach einem Kilometer wieder an derselben Straße zu landen, von der aus wir in den Feldweg abgebogen waren. Nach diesen Umwegen fanden wir dann schließlich den Punkt, zu dem wir ursprünglich wollten. Hurra!
Und auf dem Rückweg noch mehr Anlass zur Freude: schaut, was für putzige pelzige Weihnachtskugeln dort in den Bäumen herumhingen :)
Danach ging es ziemlich lange auf kurviger Straße (rätätätätä dschumm rätätätätätätätätätätä dsssccchhhhummmmmm rätätä dschumm dschumm) weiter entlang der Great Ocean Road, wo wir uns ein paar der berühmten Felsformationen angesehen haben - und es war ein wenig absurd: letztes Jahr waren wir im australischen Sommer hier und es war so bewölkt, dass die Felsen ziemlich grau aussahen. Zur Zeit ist es Winter - und die Sonne hat so großartig geschienen, dass die Felsen geradezu geleuchtet haben.
Die folgenden zwei Orte waren ziemlich unspektakulär, also dachten wir uns, gehen wir wenigstens an den (sehr schönen und völlig menschenleeren) Strand - was sich angesichts des starken Wellengangs als suboptimale Idee herausstellte (siehe Bild), aber trotzdem: sehr schöner Strand.
Dann kamen wir zu unserem Tagesziel: Warrnambool, wo es mal wieder etwas mehr Innenstadt (mit Bibliothek und Buchläden) zu erkunden gab und theoretisch einen Walaussichtspunkt, der aber zu Fuß einfach nicht zu erreichen war und deshalb auf morgen verschoben werden musste.
Abends haben wir uns dann mit einem etwas handfesteren Problem beschäftigt: wie man die Waschmaschine in dem Hostel zum Laufen bringt. Da standen wir dann, zwei studierte Menschen aus der Großstadt, vor einer von oben zu beladenden Waschmaschine und brauchten eine Weile, um herauszufinden, wo man dort das Waschpulver einfüllen muss und wie man die Maschine dann in Gang setzt. Und (ich bin versucht, es auf die Maschine zu schieben, aber offen gestanden war das schon vorher so) dann habe ich mal meine Socken vor dem Zusammenfalten durchgesehen und festgestellt, dass es langsam Zeit wird, neue Socken zu besorgen.
Abends waren wir dann in einem Museumsdorf, wo uns von einer Mitarbeiterin und per Lasershow in einem Theater die Geschichte der Loch Ard (falls sie jemandem bekannt vorkommt: ja, ich habe sie auch letztes Jahr bei meinem Fotoabend erzählt) vorgetragen wurde, die sich hier um die Ecke zugetragen hat.
Es war im Jahr 1878, das Schiff startete mit 36 Mann Besatzung und 17 PassagierInnen in England, war dreizehn Wochen lang auf See (problematisch, weil mittels Sextant und Uhr navigiert werden musste und sich die Uhr pro Tag um eine Sekunde verstellte) und war dann nur noch einen Tag von seinem Ziel entfernt, als sich plötzlich morgens der Nebel lichtete und sie sahen, dass sie mitten zwischen den Felsen vor der australischen Küste waren. Sie versuchten noch, das Steuer herumzureißen, fuhren aber gegen einen Felsen im Wasser und das Schiff sank.
Die einzigen Überlebenden waren Eva (die bei dem Untergang ihre Eltern und all ihre Geschwister verlor) und Tom Pierce (nebenbei schon sein zweites Schiffsunglück und immer noch nicht das letzte seines Lebens), der Eva, die nicht schwimmen konnte, rettete, sie (nur in ihrem Nachthemd) ans Ufer brachte, ihr ein Bett in einer Höhle baute, wo sie dann bis zum nächsten Morgen geschlafen haben. Dann ist Tom die Klippe nach oben geklettert und hat Hilfe gefunden, sodass die beiden - 22 Stunden nach dem Untergang - gerettet wurden.
Sobald die Presse davon hörte, waren die Zeitungen voll davon (ein einsames Pärchen über Nacht allein in einer Höhle), was ihnen schließlich so auf die Nerven ging, dass Eva zurück nach Irland ging und dort heiratete; Tom wurde für seine Tapferkeit mit der ersten Goldmedaille Victorias ausgezeichnet.
Und jetzt wird dieses Schiff jeden Tag einmal für die TouristInnen mit einer Lasershow mitten in dieser putzigen kleinen nachgebauten Hafenstadt versenkt.
Heute ging es dann los auf der Great Ocean Road: erst waren wir in Anglesea, einem kleinen Ort, in dem man
angeblich immer Känguruhs auf den Golfplätzen sehen kann (wir
nicht). Was wir stattdessen gefunden haben, war der Beginn eines
Kunstwanderwegs, an dem entlang man Skulpturen finden kann; da es
allerdings nirgendwo eine zugehörige Karte gab und wir nicht
wussten, wo und wieviele Skulpturen sich sonst so hätten finden
lassen, sind wir stattdessen am Strand entlang gewandert.
Die nächste Station war Aireys Inlet,
wo wir um einen Leuchtturm herum an der Klippe entlanggewandert sind
und unseren ersten Great Ocean Road Felsen gesehen haben (von denen
kommen morgen noch sehr viel mehr, dann auch ein paar Fotos von
dort). Eine lustige Geschichte vom Leuchtturmwärter dort: hinter dem
Licht ist die Anlage dort innen weiß und außen schwarz angemalt und
der sehr findige Leuchtturmwärter dort hat irgendwann die schwarze
Farbe an der Rückseite abgekratzt, sodass er, wenn er im Pub saß,
trotzdem noch sehen konnte, ob das Licht noch brannte.
In Lorne, dem nächsten größeren Ort
am Weg, sind wir dann in den hiesigen Nationalpark abgebogen und 304
Stufen durch den Regenwald zum Wasserfall nach unten und wieder nach
oben geklettert und zur Belohnung habe ich mir danach in der Stadt
etwas gegönnt, was ich schon ewig probieren wollte und was so gut
war, dass ich es hier kurz erwähnen muss: Dattel-Kleb-Pudding.
Großartig. Dazu haben wir den Kakadus
zugesehen, die hierzulande etwa so häufig wie Möwen sind und immer
von den Restaurants vertrieben werden, was ein ziemlich absurder
Anblick ist, wenn man sie nur aus dem Zoo kennt.
Dann sind wir sehr lange die äußerst
kurvige Straße entlang gefahren, auf der überall im Prinzip 80 die
Höchstgeschwindigkeit ist, allerdings sind überall in den Kurven
nur 35 bis 55 erlaubt, woran wir uns als Ortsfremde in einem riesigen
Auto auf der falschen Straßenseite natürlich halten, sodass ständig
irgendein anderes Auto hinter uns festhing und wir, weil wir nett
waren, auf eine Ausweichgelegenheit gefahren sind, um sie vorbei zu
lassen (die meisten haben sich dafür dann sogar bedankt). Insgesamt
sechsundzwanzig Mal, bis wir unser heutiges Tagesziel erreicht
hatten: Apollo Bay, einen Surferort am Strand, der jetzt im Winter ziemlich verlassen ist und in dem man nun wirklich nicht viel anderes
mehr machen kann, als am Strand entlang zum Hafen und wieder zurück
zu gehen, was wir dann auch für den Rest des Tages gemacht haben.
Morgens kam erstmal der neue Tiefpunkt im australischen Winter: Eis auf der Windschutzscheibe.
Nachdem wir dann kurz in die falsche Richtung gefahren sind, waren wir eine Weile unterwegs in Richtung Geelong (das sieht auf der Karte einfach aus, wir mussten allerdings die Mautstraßen vermeiden (Maut bezahlen ist hier sehr kompliziert und wenn man es nicht mitbekommt und die Maut versehentlich prellt, wird man unter Umständen am Flughafen zurückgehalten, bis man bezahlt hat), was dadurch erschwert wurde, dass wir nicht wussten, welche Straßen genau die Mautstraßen waren und einfach auf möglichst kleine Straßen ausgewichen sind). Geelong ist der kleine 200.000-EinwohnerInnen-Bruder von Melbourne, eine netten Hafenstadt mit hübscher Innenstadt, in der wir auch endlich einen Schlüsseldienst gefunden haben, bei dem wir einen zweiten Autoschlüssel anfertigen lassen konnten.
Nach einem Rundgang durch die Buchläden, die Bibliothek und am Hafen entlang waren wir dann im nationalen Wollmuseum von Victoria (Geelong ist die Wollhauptstadt des Bundesstaats), das ziemlich putzig war: es ging um Schafzucht (a propos eingeführte Tierarten: ein Paar Schafe produziert in drei Jahren 5 bis 6 neue Schafe, ein Paar Hasen über 62.000!), Schafscherer (unter anderem "The Boss", der zwischen dem 20. und 70. Lebensjahr eine Million Schafe geschoren hat), Schafsorten, Schafrechte (Wasser, Essen, Schutz vor Raubtieren, Krankheit, extremem Wetter und Schmerz), Wollverarbeitung und allem, was dazugehört (einschließlich einer Schalausstellung, bei der man für seinen Lieblingsschal abstimmen konnte).
Danach ging es dann weiter zum heutigen Etappenziel: Torquay, dem Ort, hinter dem die Great Ocean Road beginnt, und beliebtem Surferstrand. Also sind wir noch eine Runde am Strand entlang gewandert, haben die SurferInnen und die ersten Ausläufer der Felsformationen an der Great Ocean Road bewundert und wollten dann eigentlich nur nochmal zum Supermarkt, als uns unsere Hotelfrau entgegenkam und ganz beiläufig meinte: "Ich glaube, Sie haben Ihre Scheinwerfer nicht ausgeschaltet."
(Das ist bei diesem Auto mit seiner etwas altersschwachen Batterie eine mittlere Katastrophe).
Umgehend sind wir nach draußen gerannt und ins Auto geklettert (das zum Glück noch ansprang) und losgefahren, mit dem Ziel, die Batterie wiederaufzuladen. Also dachten wir uns, verbinden wir das Nützliche mit dem Angenehmen und suchen uns einen ersten Aussichtspunkt an der Great Ocean Road, von dem aus wir endlich mal ein paar australische Sterne sehen können. Das scheiterte zwar daran, dass wir keinen Aussichtspunkt finden konnten, allerdings haben wir danach einfach das Auto mit aufgefüllter Batterie wieder abgestellt und sind dann zu Fuß nochmal am Strand entlang gegangen und haben dann doch noch ein paar Sterne gefunden.